Eindrücke von der Formnext 2025: Trends, Innovationen und persönliche Begegnungen
- bhoffmann

- 23. Nov.
- 5 Min. Lesezeit
Eigentlich wollte ich meinen Besuch bei der Formnext 2025 strukturiert angehen. Mir vorher bestimmte Stände der internationalen Messe für Additive Fertigung (AM) in Frankfurt herauspicken. Zur Info: 5 Tage lief die Messe, vom 18. bis 21. November, mit 804 Ausstellern, über 60 Prozent aus dem Ausland. Ich war angereist am Donnerstagmorgen. Zur Vorbereitung wollte ich mir bei Tobias Teufel, 3DDRuckByTeufel, Informationen zu den Ständen holen. Doch Tobias war bis nach 14 Uhr damit beschäftigt, eine Gruppe der IHK Westfalen über die Messe zu führen.
So haben wir uns erst nachmittags getroffen. Am Stand von Prusa, einem tschechischen Unternehmen, das 3D-Drucker zur privaten Nutzung aufgebaut hatte, genauer gesagt ziemlich viele davon. Dementsprechend stark war der Andrang am Messestand. So richtig was Neues gebe es in diesem Jahr nicht, berichtet Tobias, ja mehr oder weniger kleine Verbesserungen. Er war nach Frankfurt gekommen, um Mitstreiter aus der additiven Szene zu treffen, mit denen er sonst meist nur virtuell in Kontakt ist. Allerdings seien auch einige Unternehmen ferngeblieben, denn die Standmieten seien mit dem Erfolg der Messe – sie jährt sich zum 10. Mal – erheblich gestiegen.
Mit Tobias und Bastian war ich auf der Formnext verabredet. Siehe Text
Tobias unterstützt kleine und mittlere Firmen etwa bei Anwendungsproblemen mit gedruckten Bauteilen; er testet und berät. Gerne möchte er sein Wissen auch mittels Schulungen weitergeben, bei der Handwerkskammer, der IHK Pfalz. Leider sei das Thema dort noch nicht richtig angekommen.
Ein Extruder für die direkte 3D-Drucker-Speisung und ein überaus robustes Material
Als ich morgens gestartet bin, habe ich als Erstes Bastian Gaedike besucht. Auch mit ihm hatte ich mich auf Linkedin verabredet. Er war präsent in Halle 12.1 am Stand von AIM 3 D: Der Extruder des Unternehmens, am Messestand aufgebaut, liefert aus Granulat unmittelbar die passende Masse für den 3D-Druck. Der Zwischenschritt über das Filament fällt weg, der dünne Materialstrang also, der auf Spulen aufgerollt, den 3D-Drucher speist.
Bastian stellte mir Peek vor, das seine Firma Malping GmbH anbietet. Ein Material mit herausragenden Eigenschaften. Eingesetzt werden kann es bis 250 °C, aggressive Chemikalien können ihm nichts anhaben. Das prädestiniert es zum Einsatz etwa im medizinischen Bereich – unter Reinraumbedingungen. Die Herstellung, insbesondere der Abkühlvorgang, sei allerdings äußerst komplex.
Alles so schön bunt hier!! - Vom Boot über Möbel zum Zahnersatz
Von ihm wollte ich mehr wissen über die additive Szene, über die Situation der Branche. Bastian sprach von einem „reinigenden Gewitter“. Denn seit der allgemeinen Anhebung der Zinsen seien Investoren zurückhaltender geworden. Für junge Unternehmen sei oft die Folgefinanzierung weggefallen, einige hätten das nicht überstanden. Dabei sei 3D-Druck ja auch ein neues Werkzeug im Baukasten, aber nicht die Lösung für alles.
Ich bin dann weitergezogen, für weitere Eindrücke von der Formnext 2025, vorbei an einem Industrieroboter, der ruhig seine Kreise über ein geschwungenes Objekt zog. Ich befand mich in einer Halle, in der es alles zu sehen gab, was man sich in gedruckter Form nur vorstellen kann. Alles so schön bunt hier!
Ein komplettes Boot aus dem Drucker. Netze als teilweise Gehirnplattenersatz. Orthesen, Schutzhelme, Zahnersatz, Schmuck ... Möbel. An einem Stand war eine kleinteilige Stadt aufgebaut. Schon nach kurzer Zeit war meine Aufnahmekapazität erreicht. Der Besucherandrang wurde immer größer, obwohl die Formnext ja schon seit Montag geöffnet war.
Wie viel Pilze dürfen es zur Verarbeitung sein? - Myzel und Lignin als Druckmaterial
Bald bin ich bei Innovation Science Transfer Thüringen/Sachsen-Anhalt gelandet. Für mich eine Oase, denn man bot der bereits leicht erschöpften Besucherin Kaffee und Kekse an. Um den Messestand herum hatten junge Forscher die Gelegenheit, von ihren Entwicklungen zu überzeugen. Von weitem hatte ich bereits einen stylischen, rotierender Stuhl wahrgenommen. Doch das viel Interessantere war mir entgangen. Die Kiste daneben bestand, abgesehen vom Rahmen, komplett aus Pilzen. Was ich banal als Kiste gesehen hatte, wurde ich aufgeklärt, war eine wasserabweisende Myzel Bike Box, vorgesehen als Transportbox für Lastenfahrräder. Entwickelt an der Hochschule Anhalt.
Die Frage, die mir als Erstes einfiel: „Wie gewinnt man denn die riesige benötigte Menge an Pilzen?“ Ich sah schon riesige Gruften mit Champignons vor meinem geistigen Auge. Doch die Produktion in großem Stil sei erst der nächste Schritt, meinte mein Gesprächspartner.

Danny Ott, ebenfalls von der Hochschule Anhalt, sprach so begeistert und schnell von seinem Projekt, dass ich kaum folgen konnte. Von seinem biologisch abbaubaren Verbundstoff aus dem Biopolymer Lignin. Stolz deutete er auf die Vitrine mit ersten 3D-gedruckten Objekten, ein absolutes Novum. Wenn ich ihn richtig verstanden habe, fällt Lignin bei der Papierherstellung als Abfallprodukt an und wird bisher verbrannt. Das könnte sich bald ändern.
Der stolze Schiller zeigt sich von vielen Seiten - rotierend auf dem Monitor und als Büste in Türkis
Ganz anders ist Steffen Zöller unterwegs, und zwar für die IHK Erfurt. Bei seiner Präsentation auf dem Monitor geht es um Kultur, kulturelles Erbe, das oft im nicht öffentlichen Fundus von Museen unbeachtet verweilt. So konnte eine Büste von Goethe aufgetan werden, als Ergänzung eines Konterfei-Trios vom alten Meister.
Dreh- und Angelpunkt ist die virtuelle Präsentation im Portal Kulthura.de der Unibibliothek Jena. Hier kann digital aufbereitetes Kulturgut eingestellt, nachgefragt – und gefunden werden. Gerade schwebt der virtuelle Schiller über den Bildschirm, das hätte sich der Autor der Glocke wohl nicht träumen lassen.

Und dann gibt es noch was zum Anfassen – wir sind ja beim 3D-Druck – etwa als Anschauungsmaterial für den Unterricht. Oder heute für mich als Geschenk: der junge, stolze Schiller, wie wir ihn kennen, als Büste in Türkis. Habe ihn mittlerweile in mein Arbeitszimmer integriert.
Eindrücke von der Formnext 2025: Industrieroboter, Lifter und Schneewittchen in kurioser Umgebung
Schon viel zu lange habe ich mich in Halle 12.1 aufgehalten und gehe nun über in der 11er-Bereich. Dort steht die industrielle Fertigung im Fokus, die immer mehr an Fahrt aufnimmt, laut Angabe der Veranstalter. Viele Industrieroboter ziehen auch hier ihre Kreise, um große Bauteile zu drucken.
Gedrucktes Boot, Industrieroboter und das passende Hebegerät
Alles läuft ruhiger hier. Nur bin ich jetzt schon leidlich müde. Doch Alexandre Casset von Addimetal, Toulouse, schaut mich so erwartungsvoll an, dass ich es doch schaffe, eine Frage zu formulieren. Gott sei Dank spricht er Englisch. So weit ich das verstanden habe, besteht die Technologie des Unternehmens daraus, Bauteile mit einem Klebstoff zu verbinden und nicht wie üblich mit Laser. Darüber hatte ich mir bisher natürlich noch keine Gedanken gemacht, dennoch oder gerade deswegen wollte ich wissen: „Und was ist daran jetzt besser?“ Schnell und präzise sei das möglich und mehrere Materialien seien mit dem Klebstoff kombinierbar, erläutert Alexandre Casset. Ganz aufmerksamer Gastgeber tackert er mir zum Abschied seine Visitenkarte auf den Flyer, den er mir überreicht.
Vieler Handgriffe bedarf es zur additiven Fertigung, dazu zählt auch das Befüllen eines Industriedruckers mit dem extrudierten Material. Dafür fühlt Daut Qerkini (siehe Foto oben) sich zuständig von Pronomic, speziell für Hebegeräte und Materialtransport. Mitgebracht hat er eine Tonne, die mit einem Lifter bewegt wird. Die Tonne wird geschoben, gedreht, um Material zu transportieren und am vorgesehenen Ort auszuschütten. Man kann sich durchaus vorstellen, wie die extrudierte Masse ohne Kraftanstrengung in den 3D-Drucker gelangt.

Ganz zum Schluss fällt mir noch eine Szene ins Auge: Ein Sarg mit einem Schneewittchen aus dem 3D-Drucker, umringt von einigen älteren Herren. Zuerst habe ich an eine englische Kuriosität gedacht. Doch meine anschließende Recherche ergab, dass es sich um eine Kampagne der Fit AG handelt: „Save Whiteout“. Schneewittchen soll die Reinheit und Schönheit echter Innovation versinnbildlichen, die durch „Überregulierung, Angst und Selbstzufriedenheit“ verdrängt werde. Ehrlich gesagt, von alleine wäre ich da nicht draufgekommen. Dennoch: Gelungen!
Ausklang der Formnext 2025: Mit wehen Füßen und leidlich müde habe ich dann wieder meinen Rückweg angetreten, im Gepäck einiges an Infos und vielgestaltigen Eindrücken – von Frankfurt nach Kaiserslautern.



















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