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Hält die Reisekostenabrechung Sie immer noch auf?

Aktualisiert: 6. Juni

Müssen Sie eine Reisekostenabrechnung über sich ergehen lassen? Oder wird bei Ihnen im Betrieb pauschal abgerechnet?


Kürzlich habe ich online an einer OECD-Veranstaltung teilgenommen. Ging um – wie jetzt oft allerorten – Handlungsfähigkeit durch weniger Staat, mithin Bürokratieabbau.


Jeanette Hofmann, Professorin am WZB (Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung) wies daraufhin, dass Bürokratieabbau und Digitalisierung nicht immer Hand in Hand gehen. So sei an ihrem Institut eine Software zur Abwicklung der Reisekosten eingeführt worden, die letztlich die Abrechnung verschlimmbessert habe.


Reisekostenabrechung nach Digitalisierung nicht weniger aufwendig


Das Stichwort war genannt: Reisekostenabrechnung. Alle Teilnehmer der Diskussionsrunde, Normenkontrollrat, Initiative für einen handlungsfähigen Staat, Justizministerium, nicht zuletzt Moderatorin Nicola Brandt, nickten wissend und grienten.


Mir ist dabei eine Zeit eingefallen, die ich schon längst ad acta gelegt hatte. Ist Jahrzehnte her, dass ich über alle Maßen mit Reisekostenabrechnungen beschäftigt war.


Direkt nach dem Studium habe ich in der Industrie als Assistentin gejobbt. Nachdem ich – nach einiger Einarbeitung – mit Bravour die Reisekosten und deren Abrechnung bewältigen konnte, blieb das nicht ohne Folgen.


Es sprach sich rum und nun kamen alle Sekretärinnen der Abteilung, es waren fünf oder sechs, regelmäßig zu mir; und baten um Hilfe. Ich erinnere mich noch an die einzelnen Kolleginnen, die schüchtern in der Tür standen, mit den Unterlagen in der Hand ... und mich flehend ansahen.


In der Verwaltung: Bitte um Genehmigung der Reisekosten


Das Ausfüllen mit allen Tücken – warum, wohin, wann, wie lange – war schon eine Aufgabe für sich. Dann kam der nächste höchst unangenehme Schritt: Ich musste die ausgefüllte Abrechnung persönlich einem Herrn in der Verwaltung vorlegen.


Der nahm sich mit strengem Blick und ernster Miene das Machwerk vor. Und, seien Sie versichert, er fand immer etwas nicht Regelkonformes.


Da ich gelegentlich, wenn es sein muss, sehr charmant sein kann, ließ er mir einiges durchgehen. Oder er änderte fulminante Fehler gleich selbst ab, nicht ohne gebührend darauf hinzuweisen.


(By the way: Was mir heute dazu einfällt. Macht wird nicht (nur) von Politik und Kapital ausgeübt. Nicht minder schlimm ist der Machtmissbrauch im Kleinen, im täglichen Leben.)


Hand mit Kugelschreiber, die etwas notiert
Bloß bei der Reisekostenabrechnung keinen Fehler machen. Quelle: Adobe Stock.

Das tragische Ende für mich: Ich bekam die Aufgabe nicht mehr von der Backe. Gott sei Dank begann ich bald meine journalistische Laufbahn und verließ das Unternehmen. Von Reisekostenabrechung und deren Digitalisierung war ich nicht mehr betroffen.


Rechenschaftspflichten und deren Schattenseiten


Zurück in die Gesprächsrunde: Bei Rechenschaftspflichten, so Jeanette Hofmann, müsse abgewägt werden zwischen Aufwand und möglichem Missbrauch. Überhaupt, meinte die Politikwissenschaftlerin schmunzelnd, unterstelle man den Mitarbeitern, Geschäftsreisen in Urlaub umzugestalten.


Die ernste Seite dabei: Das mangelnde Vertrauen in Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen.


Über mehr Vertrauen in Unternehmen habe ich mich hier schon mal ausgelassen: https://www.technikverstndlich.de/post/b%C3%BCrokratie_stoppen


Noch einmal die generelle Aussage: Digitalisierung und Bürokratieabbau können zusammentreffen, müssen aber nicht.


Hier mehr zur OECD-Plattform: https://blog.oecd-berlin.de/

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