Praxistipps Bürokratie für KMU – solange Bürokratieabbau auf sich warten lässt

Unser Schutzbedürfnis ist immens: Verbraucherschutz, Schutz für Umwelt und Klima, für Minderheiten, Schutz vor Geldwäsche. Tierschutz, Mieterschutz, Arbeitsschutz ... Das alles wird in Regeln, Richtlinien, Gesetze umgeformt.

Daher gibt es ständig neue EU-Richtlinien, Bundesgesetze, Landesgesetze. Gleichzeitig wird von Bürokratieabbau geredet.

Mehr Schutz im Wirtschaftsrecht bedeutet auch mehr ermüdende Bürokratie. Was tun?

Was den bürokratischen Aufwand für Unternehmen betrifft, ist der Mittelstand besonders betroffen. In großen Unternehmen können Abteilungen bei erweiterten Anforderungen umgestaltet werden: Der Einkauf etwa von der reinen Verwaltung in ein selbsttätiges, verantwortliches Managementsystem.

Doch wie können kleine Unternehmen die vielfältigen Veränderungen und Anforderungen unbeschadet erfüllen?

Gesetze zu Wirtschaftsrecht in Deutschland mehr als verdoppelt

Werfen wie zuerst ein Blick auf die Fakten.

Um das Phänomen Bürokratie aufzudröseln, hat sich die Business School ESMT Berlin die Gesetzgebung vorgenommen. Setzt als Basis den Bürokratieindex der Rechtsplattform buzer.de ein – eine Kenngröße für die deutsche Bundesgesetzgebung.

Ergebnis: Zwischen 2010 und 2024 sei der Umfang der Bundesgesetze um rund 60 Prozent gestiegen. Das betreffe sowohl das Volumen als auch die Komplexität.

Das Wirtschaftsrecht hat sich mehr als verdoppelt.

• Beim Widerrufsrecht im Onlinehandel müssen Fristen einheitlich sein, die Widerrufsbelehrung standardisiert; es gibt Formvorgaben. Für Onlinehändler bedeutet das mehr Dokumentations- und Informationspflichten, technische Anpassungen, vielleicht Schulungen.

• Demnächst müssen Angaben auf der Website barrierefrei sein. Habe schon mal damit begonnen. Gilt erst mal nur für Unternehmen ab 10 Mitarbeiter.

• In der Energiepolitik gibt es neue Meldepflichten für Betreiber kleiner PV-Anlagen. Das soll den Bürokratieaufwand auf Dauer verringern, ist aber erst mal mit viel Aufwand verbunden: Artikel Verbraucherzentrale.

Deutschland arbeitet sich an Einzelfallregelungen ab | Schweden erlässt prinzipielle Gesetze

Die Europäische Union ist äußerst gründlich. In Deutschland wird zudem eine starke Rechtssicherheit gepflegt. Alles muss exakt geregelt, jeder Einzelfall berücksichtigt werden. (Hier ein früherer Post, der das Problem Einzelfallregelung beleuchtet.) Regeln werden Seite um Seite um Seite festgehalten.

Im Gegensatz dazu sind in Schweden Gesetze auf Prinzipen ausgerichtet. Geben mehr Raum für Interpretationen. Die Rechtspraxis, Gerichtsentscheide spielen eine große Rolle. Bei der Digitalisierung wird erst mal umgesetzt, dann nachgebessert. Wir Deutschen warten oft auf die perfekte Lösung.

Beispiel: Mit der EU-Richtlinie zur Nachhaltigkeitsberichterstattung (CSRD) müssen ab 2026 viele Mittelständler einen ESG-Bericht (Umwelt, Soziales, Unternehmensführung) erstellen. Deutsche Unternehmen müssen das alleine managen. Die schwedische Regierung bietet einfache Tools und Vorlagen an.

Praxistipps Bürokratie für KMU: Situation anerkennen, interne Regularien-Stelle einrichten, mit Behörden reden

Möglicherweise lernen wir in Deutschand künftig dazu. Aber was tun bis dahin?

Hier ein paar Gedanken dazu. Und Praxistipps Bürokratie für KMU:

• Anerkennen: Hören Sie auf dagegen anzukämpfen. Anerkennen Sie als Erstes, was erst mal nicht zu ändern ist. Denn kämpfen ist anstrengend.

• Intern auslagern: Richten Sie in Ihrem Unternehmen eine Ecke für Gesetzesvorlagen ein, ein Verzeichnis. Und betrauen Sie eine Person damit, die sich gerne damit beschäftigt. Dann sind die Anforderungen kein ständiger Stolperstein.

• Priorisieren: Vielleicht muss man nicht alles zu hundert Prozent umsetzen. Schauen Sie, was besonders dringend ist, wo es Risiken geben könnte, Bußgeld fällig wäre. In der Technischen Redaktion waren manchmal nicht alle Unterlagen fertig, wir haben die Betriebsanleitung dann trotzdem versendet. Fürs Erste.

• Systeme integrieren: Führen Sie Tools zusammen, die ein Einzelleben führen. Bei der amerikanischen Lernplattform Coursera gibt es dafür einfache Beispiele. Wir kennen das schon: Ich kann etwa von meiner Website direkt Posts an Linkedin weiterreichen. Vielleicht nutzen Sie bereits einen automatisierten E-Mail-Versand.

• Prozesse optimieren mit KI: Das Mittelstand-Digital Zentrum bietet bundesweit Kurse, Webinare zu künstlicher Intelligenz an. Ich habe schon öfter an Onlinekursen teilgenommen, die sind gut verständlich und nutzerorientiert. Auch die IHKs erläutern die Möglichkeiten von KI für KMU sehr anschaulich. Schauen Sie sich beispielsweise um auf dem Veranstaltungsportal der IHK Pfalz.

• Kontakt zu Behörden aufbauen: Ja, es gibt sie, die unzugänglichen Beamten. Aber meine Erfahrungen waren meist sehr gut, wenn ich mit behördlichen Sachbearbeitern zu tun hatte. Dabei am besten anrufen, das persönliche Gespräch suchen. Je nachdem, was einem auf der Seele brennt: Vielleicht kann man eine Frist nicht einhalten oder weiß nicht, was genau eine Regelung einfordert.

Möchten Sie eine kostenpflichtige Beratung einholen. überlegen Sie sich vorher, wo genau Sie ansetzen, was Sie in Angriff nehmen möchten. Damit Sie eine generelle Lösung finden, IT-basiert.

Falls Sie Unterstützung suchen bei Anleitung, Terminologiearbeit oder Wissensmanagement, bin ich für Sie da. Mit lebendigen Workshops oder als Support; Immer im Gespräch mit Ihnen und Ihren Mitarbeitern.

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